Die Wirklichkeit, die nicht so ist, wie sie scheint.
Kommentar zu dem gleichnamigen Buch von Carlo Rovelli
Inhalt
1. Die Evolution des Weltbildes als Grundlage der
Evolution der menschlichen Gesellschaft
2. Die Widersprüche des Weltbildes als treibende Kraft
seiner Weiterentwicklung
3.Der Widerspruch unseres heutigen Weltbildes
4. Was also ist unser heutiges Weltbild?
Der Verfasser analysiert auf welchen Wegen und mit welchen
Methoden und Schritten sich die
Menschheit eine immer bessere
Vorstellung von der Welt machte, um sich in ihr zurechtfinden zu können. Die
dabei angewendeten Methoden entsprechen den
auch der Evolution des Lebens zugrundeliegenden von Versuch und Irrtum ,die
darauf beruhten, immer neue Varianten auszuprobieren, die erfolgreichsten zu
behalten und zu verwenden und die weniger erfolgreichen in den Hintergrund
treten zulassen und schließlich zu vergessen.
1.
Die
Evolution des Weltbildes als Grundlage der Evolution der menschlichen
Gesellschaft
Die frühesten Vorstellungen über die Struktur der Welt
gingen davon aus, dass über der Welt stehende Götter eine Welt schufen, die
nach von ihnen geschaffenen Regeln funktioniert und alle Veränderungen bereits
in diesen Regeln vorgegeben sind. Einzige Aufgabe der Menschen sei es, diese
Regeln einzuhalten, um der Strafe der Götter zu entgehen. Derartige
Vorstellungen sind die Grundlage aller Religionen, die es den intelligentesten
Menschen ermöglichten, sich zu Stellvertretern der Götter zu erklären und
damit die Macht über die übrigen zu erlangen. Die ersten, die die Unzulänglichkeiten dieses Systems erkannten und nach
logischen Zusammenhängen suchten, wurden von
den jeweiligen Herrschern scharf verfolgt und bestraft.
Einer der ersten, der bereits im 5.Jahrhundert v. Ch.
dieses einfache Weltbild ernsthaft in Frage stellte, war Demokrit, bereits er
entwickelte die Grundlagen für den atomaren Aufbau der Welt, die nicht als
Ganzes und in einem Stück geschaffen worden sein könnte.
Begründet wurde der atomare Aufbau der Welt damals mit
rein theoretisch-logischen Überlegungen, die über viele Jahrhunderte hinweg
auf vielen Wissensgebieten ergänzt und untermauert werden konnten, aber erst
1905 gelang es Albert Einstein die
Atomhypothese durch empirische Untersuchungen eindeutig zu beweisen. Bis dahin
hielten viele Wissenschaftler die Atomhypothese noch für Unfug. Noch im Jahr
1897 erklärte der bedeutende Physiker und Philosoph Ernst Mach in der
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien: "ich glaube nicht, dass
die Atome existieren!" Dies ist kein Einzelfall, sondern charakterisiert
das Fortschreiten wissenschaftlicher Erkenntnisse auf vielen
Gebieten.
Parallel zur Entwicklung der Atomlehre vollzog sich der
zweite wichtige Schritt zur Veränderung des Weltbildes. Auch hier war der
Ausgangspunkt die von den Religionen bestimmte Vorstellung einer Einteilung der
Welt in das im Himmel verortete Reich der Götter und in die vom Menschen bewohnte Erde. Die Antike Wissenschaft versuchte die am
Himmel zu beobachtenden Erscheinungen zu ordnen und in ein System zu bringen,
das die ebenfalls aus logischen Überlegungen resultierende Mathematik zur Verfügung
stellte . Dabei wurden bedeutende Ergebnisse erzielt, obwohl es noch keinerlei
Vorstellungen über die dabei wirkenden Kräfte gab, konnten Bewegungen am
Himmel systematisiert und erstaunlich gut vorausberechnet werden. Die zunächst
zusammenhanglos erscheinenden mathematischen Formeln, die zur Beschreibung der
am Himmel zu beobachtenden Bewegungen der Sterne gefunden wurden, gingen vom im
2.Jahrhundert entstandenen ptolemäischen Weltbild aus, das bereits die Erde als
Kugel erkannt hatte, aber als Mittelpunkt der Welt betrachtete, die von
verschiedenen Sphären des Himmels umgeben war, in denen sich die Sterne
bewegten . Dieses Weltbild hatte bis ins15. Jahrhundert Bestand, bìs Kopernikus
entdeckte , dass die Beschreibung der Bewegungen der Sterne viel einfacher
wurde, wenn man die Sonne als Mittelpunkt der Welt betrachtete, um die die Erde
kreiste. Erst hundert Jahre später fand Kepler aber auf dieser Grundlage die
Gesetze, die viel einfacher und genauer
die Bahnen der Himmelskörper beschreiben , als dies im ptolemäischen
System möglich war.
Nach der Erfindung des Teleskops im16.Jahrhundert erkannte
dann Galilei, dass die Erde ein
Himmelskörper wie jeder andere Planet ist, der die Sonne umkreist und schloss
daraus, das im Himmel wie auf Erden
die gleichen Naturgesetze gelten müssten, was in der Folgezeit näher
untersucht und bestätigt wurde. Dies war der Ausgangspunkt Newtons
Mechanik
Erst als hundert Jahre später Isaac Newton die auf der
Erde geltenden Fallgesetze quantitativ untersuchte, stellte man fest, dass man
die Bewegungen des Mondes mit den gleichen Gesetzen erklären könnte. Das schuf
die Grundlage, das Jahrtausende alte Weltbild von Himmel und Erde endgültig stürzen
und die Sonne anstelle der Erde in den Mittelpunkt der Welt stellen zu müssen .
Natürlich stieß das sofort auf den verbitterten Widerstand der damaligen
Machthaber, die die Grundlagen ihrer Macht bedroht sahen und entsprechend
reagierten. Da es aber bald gelang, mit dem neuen Weltbild bessere Voraussagen
zu erzielen als mit Jahrtausend Jahre älteren, war der Siegeszug
des neuen Weltbildes nicht aufzuhalten. Aber auch
damals ahnte man noch nicht
,das das neue Weitbild auch nur eine Annäherung war und weitere Veränderungen
bevorstanden.
Die mit mathematischen Methoden darstellbaren Gesetzmäßigkeiten
der newton´schen Mechanik ließen das Bild eines dreidimensionalen unendlich großen
leeren Raumes entstehen, in dem die aus Atomen zusammengesetzten Körper unter
dem Einfluss einer anziehenden Schwerkraft frei herumfliegen. Für Ģötter
war in dieser Welt kein Platz mehr.
Die von Newton erfundene und definierte Schwerkraft erklärte
die mechanischen Bewegungsgesetze, aber sie war eine Fernkraft und Newton hatte
keine Ahnung, wie diese Kraft über große Entfernungen vermittelt werden könnte.
Auch war ihm bewusst, das es ausser ihr weitere Kräfte geben müsse, die auf
die Körper wirkten, aber erst hundert Jahre später wurden von Faraday die
elektromagnetischen Erscheinungen entdeckt und von
Maxwell die Theorien dazu entwickelt,
die die Existenz elektromagnetischer Felder und elektromagnetischer Strahlung
vorhersagten, die dann auch gefunden und erzeugt werden konnten. Mit der
Erkenntnis, dass auch Licht eine elektromagnetische Strahlung war, entstand
wieder ein völlig neues Weltbild, das das Newtons weit überragte.
Man sollte sich klar machen, dass ein möglichst richtiges
Weltbild nicht allein eine philosophische Frage ist, sondern die Grundlage für
die industrielle Entwicklung der fortgeschrittenen Länder darstellt. Die
gesamte Industrie des 19. und 20.
Jahrhunderts nutzte die Erkenntnisse Newtons Mechanik und Maxwells Elektrodynamik für den Aufbau ihrer Produktionsanlagen und zur
Entwicklung der damit hergestellten Produkte
. Die Evolution des Weltbildes ist damit ein wesentlicher Bestandteil der
Evolution der menschlichen Gesellschaft.
2. Die
Widersprüche des Weltbildes als treibende Kraft seiner Weiterentwicklung
Obwohl Newtons mechanische Gesetze die Grundlage des industriellen Maschinenbaus waren und die
elektromagnetischen Gesetze Maxwells den Aufbau der Elektroindustrie und der
chemischen und elektronischen Industrie ermöglichten, gab es zunächst unlösbare
Widersprüche im zugrundeliegenden Weltbild des unendlich großen
leeren Raumes, in dem Teilchen unter der Wirkung einer in die Ferne wirkenden
Schwerkraft frei durch den Raum fliegen. Ihre Geschwindigkeit konnte nur relativ
zu anderen Körpern gemessen und angegeben werden. Das Licht als
elektromagnetische Strahlung hatte aber eine konstante Geschwindigkeit, die sich
nicht veränderte, wenn die Lichtquelle in Bewegung kam. Die elektromagnetischen
Felder existierten nicht in Newtons Raum ,sie waren außerhalb dieses
Raumes.
Die Lösung gelang erst Albert Einstein im Jahr 1905 mit
der Erfindung der Speziellen Relativitätstheorie. In Newtons
Weltbild wurde dem 3-dimensionalen Raum die Zeit als eine
von den anderen Koordinaten unabhängige 4. Koordinate hinzugefügt. Im
vierdimensionalen sog. Minkowski Raum war jedes Ereignis durch 4 Koordinaten
bestimmt und es gab eine Gegenwart, die an allen Orten gleich war. In der
speziellen Relativitätstheorie hat
die Raumzeit eine andere Struktur, in der die Gegenwart
nicht punktförmig und an allen Orten die gleiche ist, sondern mit
zunehmender Entfernung immer ausgedehnter wird. Für den Menschen ist diese
Vorstellung ungewohnt, weil er für die
im täglichen Leben vorkommenden Entfernungen nur geringen
Zeitunterschiede nicht mehr wahrnehmen kann.
In der Speziellen Relativitätstheorie
hat jeder Ort eine eigene Zeit
und es gibt kein überall gleiches jetzt. Das elektrische und das magnetische
Feld verschmelzen zum einheitlichen
elektromagnetischen Feld und Maxwells Gleichungen verschmelzen zu einer
einheitlichen Feldgleichung. Die Widersprüche bei der Messung der
Lichtgeschwindigkeit verschwanden. Newtons Weltbild des leeren Raumes
wurde zerstört, aber es gab kein neues geschlossenes Weltbild. Was blieb war
das ungeklärte Wesen der Schwerkraft, der Gravitation. Um das aufzuklären,
arbeitete Albert Einstein 10 Jahre und fand die allgemeine Relativitätstheorie
als Lösung ,die heute vielfach überprüft und allgemein anerkannt ist.
Im Weltbild der Allgemeinen Relativitätstheorie gibt es
keinen leeren Raum und die vierdimensionale Raumzeit ist in sich gekrümmt, die
Krümmung ist bestimmt durch die Massendichte. Das Verhalten aller Körper wird
beschrieben durch die Differentialgleichungen des Gravitationsfeldes.
Die Lösungen dieser Gleichungen bestimmen die Eigenschaften der Welt:
-- Masse und Energie sind identisch und bestimmen die Krümmung
der Raumzeit
-- die Welt ist endlich, in sich geschlossen und dehnt
sich ständig weiter aus.
-- die Bahnen aller Körper folgen den Linien des
Gravitationsfeldes
-- es können sich Sterne und schwarze Löcher bilden.
Alle bisher bekannten astronomischen Beobachtungen bestätigen
die Richtigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie.
Nur durch Berücksichtigung und Anwendung der Gesetze der
Allgemeinen Relativitätstheorie ist eine erfolgreiche Raumfahrtechik möglich.
Das Weltbild
der Allgemeinen Relativitätstheorie enthält das Bild einer zeitlosen
Wirklichkeit, das heißt die Zeit ist nur ein Parameter, der angibt, an welcher
Koordinate wir uns gerade befinden.
Wir bewegen uns entlang der Zeit, aber Vergangenheit und Zukunft sind immer
"wirklich" vorhanden, wir sind nur nicht dort. Die Welt als Ganzes hat
keine Evolution.
Parallel zur Relativitätstheorie entwickelte sich die
Quantenphysik. Ihr Ausgangspunkt waren experimentelle Untersuchungen, deren
Ergebnisse im Rahmen des Weltbildes der Mechanik Newtons nicht erklärt
werden konnten und auch die Relativitätstheorie nicht weiterhalf. Es musste
wieder ein neues Weltbild, das
Weltbild der Quantentheorie entwickelt werden. Die Quantentheorie beschreibt
drei neue Eigenschaften der Welt:
-- so wie jeder Körper aus endlich großen Teilchen
besteht, können auch die Felder
nicht beliebig klein sein, sondern bestehen aus kleinsten Teilen ,den Quanten.
-- die Welt besteht nicht aus ständig vorhandenen
Teilchen ,sondern aus Ereignissen,
die das zufällige Zusammentreffen von Teilchen darstellen.
-- zwischen den Ereignissen existieren nur Wahrscheinlichkeitsverteilungen, die angeben, wo das nächste
Ereignis
wahrscheinlich stattfinden wird.
Aus dieser Quantenfeldtheorie entstand das sog. Standard
Modell der Teilchentheorie, das derzeit als gültig angesehen wird . Es enthält
verschiedene Felder, deren Quanten Teilchen sind, die miteinander
wechselwirken und sich ineinander umwandeln können .
Es ist bisher nicht gelungen,
das Grundelement der Allgemeinen Relativitätstheorie, das Gravitationsfeld, in
diese Theorie einzubeziehen . Mit dieser Gravitationsquantentheorie genannten
Problematik befassen sich derzeit Tausende von Physikern in vielen Ländern.
Widersprüchlich ist auch der Charakter der Zeit. Ist sie eine Koordinate der gekrümmten
Raumzeit oder schreitet sie vorwärts?
Was folgt daraus? Der menschliche Geist ist zwar in der
Lage, einzelne Aspekte der Welt
zu erkennen und für seine Zwecke anzuwenden, aber es sind immer nur Annäherungen
an die Wirklichkeit. Aber das ist nicht verwunderlich. Als ein Teil der
Wirklichkeit ist es grundsätzlich nicht möglich, das Ganze vollständig zu
erkennen.
3.Der
Widerspruch unseres heutigen Weltbildes
Die allgemeine Relativitätstheorie behandelt die gekrümmte
Raumzeit als ein Kontinuum. Die Quantentheorie fordert die Quantelung der
Raumzeit. Diese beiden Forderungen zu vereinbaren, versucht die
Quantengravitationstheorie.
Die erste Konsequenz dieser Forderungen ist, das es eine
kleinste Länge gibt, die sog Plancklänge , die in der Größenordnung von
10^-100 cm liegt. Der Rauminhalt ist gequantelt und hat ein Spektrum, kann also
nicht beliebige Werte annehmen. Die einzelnen Raumquanten sind durch gequantelte
Oberflächen zu einem Spinnetz miteinander verbunden, das einen Grafen bildet,
der den gequantelten Raum darstellt. Der Graf ist aber kein stationäres
Gebilde, sondern eine Wahrscheinlichkeitswolke, deren Veränderungen die
stattfindenden Ereignisse abbildet.
Die zweite Konsequenz ist ,dass es keinen kontinuierlichen
Ablauf der Zeit gibt. In Newtons Weltbild war die Zeit ein kontinuierlicher,
an allen Orten gleicher Parameter, der den Ablauf aller anderen Variablen und
damit aller Ereignisse beschrieb. In der Allgemeinen Relativitätstheorie hatte
jeder Ort eine eigene Zeit , die durch die Massendichte am jeweiligen Ort
bestimmt war. Im Quantenraum wird der Ablauf der Ereignisse nicht mehr durch den
Ablauf der Zeit bestimmt, sondern erfolgt statistisch aus der Wechselwirkung der
statistisch verteilten Quantenfelder. Es gibt keine Zeit mehr, die den Ablauf
der Ereignisse bestimmt.
Das Erscheinungsbild unserer Welt ist bestimmt durch
die begrenzten Auflösungsfähigkeiten der Sinnesorgane des Menschen und
lässt die zugrundeliegenden tatsächlichen Vorgänge nur schwer erkennen. Diese
Tatsache auch im täglichen Leben immer zu berücksichtigen muss ein Ziel der
gesellschaftlichen Entwicklung sein.
Auch wenn der
Ablauf der Zeit nicht mehr die Abfolge der Einzelereignisse bestimmt, ist gibt es
einen makroskopischen Zeitablauf , der durch die Folge der statistisch
erfolgenden Mikroereignisse bestimmt ist. Durch die Gravitation verdichtet sich
die Masse immer weiter ,bis schwarze Löcher entstehen, aus denen keine Materie
mehr entweichen kann. Die Verdichtung kann aber nur so weit gehen, bis die
Größe der Raumquanten ins Spiel kommt, die
eine weitere Verdichtung verhindert. An dieser Stelle enden unsere
wissenschaftlichen Erkenntnisse und es beginnt das Gebiet der bisher
unbewiesenen Spekulation. Da messbar ist, das sich alle Galaxien mit wachsender
Geschwindigkeit von einander entfernen, waren sie anfangs in einem Punkt
miteinander vereinigt und haben sich dann nach dem sog. Urknall voneinander
entfernt. Dieser Punkt aber war ein Raumquant und was dort geschah, wissen wir
nicht. Was wir sicher wissen:
-- Es gibt noch keine Hinweise oder Beobachtungen, die die Gültigkeit
der Allgemeinen Relativitätstheorie ,
der Quantenfeldtheorie oder des Standardmodells der Teilchentheorie in Frage
stellen könnten, obwohl es noch keine Theorie gibt, die alle drei vereinigt.
-- Wir wissen noch nicht, ob der Urknall der Anfang der Welt
oder das Ende eines der Schwarzen Löcher war, in das eine vorangegangene Welt
zusammenstürzte.
Was wir aber wissen: es gibt keine Unendlichkeit.
Da der Raum aus endlich kleinsten Raumquanten besteht und wegen der
positiven Raumkrümmung eine endliche Größe hat, gibt es auch nur endlich
viele Quantenteilchen und endlich viele Ereignisse ,also auch nur endlich viele
Informationen über diese. Das Unendliche ist eine Erfindung des Menschen, die
es nicht gibt. Informationen sind in allgemeinster Formulierung die Kenntnisse,
die ein System über ein anderes hat und die sind niemals vollständig.
4.
Was
also ist unser heutiges Weltbild?
Die Welt besteht nicht aus Gegenständen, sondern aus
zufällig mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten stattfindenden
Elementarereignissen ,die wir nicht wahrnehmen können, weil unsere Sinnesorgane
eine zu geringe Auflösung haben. Die riesige, aber nicht unendlich große
Vielfalt dieser Ereignisse teilen wir in Teilsysteme auf, die miteinander
wechselwirken und dabei Informationen austauschen. Teilsysteme entstehen wenn
sich Ereignisabläufe wiederholen. Auf der Grundlage der erhaltenen
Informationen bezeichnen wir die Teilsysteme als Gegenstände, Material,
Lebewesen usw. und geben Ihnen
Namen. Mit je mehr Teilsystemen wir wechselwirken, und je öfter wir mit ihnen
wechselwirken, umso mehr Informationen erhalten wir und umso besser können wir
die Teilsysteme unterscheiden und beschreiben. Das gilt auch für die Kommunikation der Menschen untereinander. Je mehr Informationen wir erhalten,
umso besser können wir unser Leben organisieren und um so länger leben wir und
können für Nachkommen sorgen. Die Zeit entsteht durch die Ansammlung der
gegenseitigen Informationen. Ein Teilsystem, das von einem anderen
Teilsystem Informationen aufnimmt, verändert
sich selbst. Es ist zu einem späteren Zeitpunkt
ein anderes und genau das bestimmt den Ablauf der Zeit.
Unser heutiges Weltbild ist dadurch gekennzeichnet, zu wissen, dass wir nicht alles wissen, und dieses Nicht wissen akzeptieren. Daraus resultiert auch die Erkenntnis, das die Zukunft nicht eindeutig aus der Vergangenheit hervor geht, sondern offen und ungewiss ist.
27.1.2021
Bertram köhler