Al Gore: Die Zukunft

Al Gore, ehemaliger Vizepräsident der USA, zeigt sich in seinem Buch „Die Zukunft“ sehr besorgt um die derzeitige Entwicklung der Menschheit und ihre Zukunftsaussichten. Sehr kritisch und detailliert analysiert er die Hauptströmungen, die unsere Welt verändern und das Potential besitzen,  den Fortbestand der Menschheit zu gefährden:

·        Die Weltwirtschaft organisiert sich als „Welt AG“ in großen internationalen Konzernen, die der öffentlichen Kontrolle durch nationale Regierungen entglitten sind und zunehmend die politischen Regeln bestimmen.

·        Die Informationstechnik konzentriert sich auf die elektronische Vernetzung aller Lebensbereiche in Form des Internets, das zunehmend als „Weltgehirn“ arbeitet und Entscheidungen verbreitet, die von ähnlicher Tragweite wie die Erfindung des Buchdruckes zum alles beherrschenden Führungsinstrument heranwachsen.

·        Das Machtgleichgewicht zwischen den großen Staaten der Welt verändert sich, die Instrumente der Demokratie werden wirkungslos, die Entscheidungsmacht verlagert sich vom politischen System zu den Märkten und von den Nationalstaaten zu privaten Handlungsträgern, die den Erhalt des Friedens gefährden.

·        Die derzeit sichtbaren Entwicklungen treiben auf vielen Gebieten mit wachsender Geschwindigkeit absoluten Grenzwerten zu, die keinesfalls überschritten werden dürfen, weil jenseits dieser Grenzen das normale, gewohnte Leben zusammenbrechen würde. Solche Grenzen zeigen sich deutlich in der Bevölkerungsentwicklung, der Ressourcenverknappung bei  Wasser, Ernährung und Rohstoffen, bei Umweltverschmutzung und daraus bedingter Klimaveränderung, in der zunehmenden Kluft zwischen Armut und Reichtum, in der abnehmenden Entscheidungsfreudigkeit politischer Verantwortungsträger.

·        Der verantwortungsvolle Umgang mit den neuesten Errungenschaften der medizinischen und biologischen Forschung auf den Gebieten der Gentechnik, der synthetischen Biologie, der Gedankenkontrolle, der künstlichen Intelligenz, der Organtransplantation und der Züchtung künstlicher Organe ist in Frage gestellt.

 

Das Bemerkenswerte an diesem Buch ist nicht die oft geübte bloße Aufzählung dieser  Gefährdungen, sondern die Zusammenstellung und Analyse zahlreicher Einzelheiten und nachweisbarer Fakten durch eine große Zahl von Mitarbeitern, die an diesem Buch mitgearbeitet haben, wodurch ein beeindruckendes Gesamtbild der Situation entstanden ist, der die Menschheit zutreibt. Dabei geht Al Gore konsequent von den Erkenntnissen der Evolutionstheorie aus und zeigt auf, wie und warum diese Situation entstanden ist und wie die Menschheit in Zukunft agieren muss, wenn sie überleben will. Wie schwer dieser Weg werden wird, der gleichzeitig auch die Überwindung zahlreicher in der Evolution entstandener Gewohnheiten erfordern wird, zeigt sich auch darin, dass dieser ansonsten klarsichtig und rational denkende Autor seinen eigenen amerikanischen Nationalstolz nicht überwinden kann und wie selbstverständlich die Wiedererlangung der internationalen Führungsrolle der amerikanischen Demokratie als unabdingbare Voraussetzung zur Rettung der Welt betrachtet. Ungeachtet dessen sollte  jeder an Zukunftsfragen interessierte Mensch dieses Buch lesen.

Bertram Köhler, 3.1.2015