Die Entwicklung des Menschen (Sagan)
- Nach den objektiven Kriterien, die dem
Klassifikationsschema der Biologie zugrundeliegen,
gehört der Mensch zur Familie der Affen und zur Gattung
der Schimpansen. Seine Einordnung in eine gesonderte
Familie der Hominiden verdankt er nur einem Zugeständnis
Linne's an die Gesellschaft seiner Zeit.
- Die Abspaltung der Hominiden von den
Schimpansen erfolgte vor ca. 5 Mio. Jahren infolge der
durch geotektonische Prozesse in Süd-Ost-Afrika
ausgelösten Klimaveränderungen und Eiszeiten. Dadurch
wurden die späteren Hominiden geographisch isoliert und
ihre Lebensbedingungen stellten höhere Anforderungen an
ihre Anpassungsfähigkeiten (siehe Klix).
- Der Schimpanse ist der nächste Verwandte
des Menschen und der Mensch ist der nächste Verwandte
des Schimpansen. Die Nukleotidsequenzen der DNS von
Menschen und Schimpansen unterscheiden sich lediglich um
1,7%, von Mensch und Gorilla um 1,8%, aber der
Unterschied zwischen Gorilla und Schimpanse ist größer
als 1,7%. Der Unterschied zwischen Mensch und Orang Utan
liegt bei 3,3%, der zwischen Mensch und Gibbon bei 4,3%
Demgegenüber unterscheiden sich die DNS-Sequenzen der
Menschen untereinander um maximal 0.1%.
- Verhaltensstudien an Affengesellschaften
zeigen, daß sich zahlreiche Verhaltensweisen der
Menschen untereinander, insbesondere auf der unbewußten
Ebene, dem Verhalten der Affen äußerst ähneln.
Darüber hinaus sind insbes. Schimpansen in der Lage,
Intelligenzleistungen zu erbringen, die sich von denen
der Menschen oft nur graduell unterscheiden. Das legt den
Schluß nahe, das die grundlegenden, in den Genen
festgelegten Fähigkeiten und Verhaltensweisen ein
Ergebnis der Evolution der gemeinsamen Vorfahren sind und
sich seit der Abspaltung der menschlichen Stammeslinie
nicht mehr wesentlich verändert haben.
- In der Phase der Herausbildung des
Menschen hat sich vor allem Größe und
Leistungsfähigkeit des Gehirns stark entwickelt. Damit
ergab sich die Möglichkeit, sich den Veränderungen der
Umwelt wesentlich schneller anzupassen, als dies durch
die zufällige Mutation der Gene, die das Verhalten
steuern, möglich war. Die durch diese Entwicklung
erzielten Selektionsvorteile erwiesen sich für die
weitere Entwicklung des Menschen als entscheidend und
sicherten ihm die Vorherrschaft.
- Die Entwicklung des Gehirns und seiner
Leistungsfähigkeit verdankt der Mensch seiner von Anfang
an sozialen Lebensweise in kleinen Gruppen, die ihm neue
Lebensmöglichkeiten und Nahrungsquellen durch Jagd
erschloß, aber auch eine ausgeprägte Kommunikation
zwischen den Individuen erforderte. Die Entwicklung der
Sprache und der Gebrauch von Werkzeugen waren
entscheident für die Ausbildung seiner geistigen
Fähigkeiten.(Klix)
- In der darauffolgenden, vergleichsweise
kurzen Phase der kulturellen Entwicklung des Menschen ist
keine weitere Entwicklung seiner biologischen Struktur,
seines Gehirns und seiner Erbanlagen nachzuweisen,
insbesondere gibt es keine wesentlichen Differenzen in
den Genen der unterschiedlichen Völker und
Menschenrassen. Deren unterschiedliche Kultur und
Mentalität ist also ausschließlich auf die von
Generation zu Generation weitergegebene Lebenserfahrung
und die Erziehung der jungen Generation zurückzuführen.
- Die weitere Entwicklung des Menschen
erfolgt nicht durch Zuchtwahl und Aussonderung
ungeeigneter Gene, sondern durch individuelle Lernprozesse zur Ausbildung spezieller Fähigkeiten in einem
von Geburt aus vorliegenden leistungsfähigen Gehirn.
- Wenn auch das Verhalten der Menschen
aufgrund ihrer biologischen Evolution weitgehend
genetisch bedingt ist, so zeigt doch ihre kulturelle
Entwicklung, daß durch Intelligenzleistungen dieses
Verhalten korrigiert und überdeckt werden kann, wenn es
für die Anpassung an die Umwelt und für die
Überlebenssicherung nicht mehr angemessen ist. Die
Grundrichtung der Evolution hat sich damit von der durch
Genmutation getragenen Genselektion zu einer durch
Intelligenzleistungen getragenen Adaptation verändert,
die damit gleichzeitig zu einer Verlagerung von der
Entwicklung des Individuums zu einer gesellschaftlichen
Entwicklung führt, da die Informationen und Lernprozesse
weit weniger an das einzelne Individuum gebunden sind.
- Auch in dem Buch von Sagan wird die
Evolution des Menschen jedoch nur als Individuum in einer
Gesellschaft, aber nicht die Evolution der Gesellschaft
als solche betrachtet. Vielleicht kann man aber die
Ankündigung eines zweiten Bandes als einen Hinweis
darauf ansehen, daß diese Problematik noch ansteht. Klix und Lanius sowie Jantsch gehen über
diese Position jedoch deutlich hinaus
(Siehe hierzu auch Litsche )
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